Ueli Otti, 68, Bauer und Müller

Ein Artikel publiziert im Saemann / 5 2000 unter dem Motto "Eile mit Weile - 9 Geschichten zur Verlangsamung"

Wenn ich frühmorgens in die Mühle komme, stehen noch alle Räder still. Nur der Bach plätschert vor sich hin. 400 Jahre alt ist die Mühle, und obwohl Tag für Tag schwere Zahnräder die Steine antreiben, ist sie intakt und mahlt einwandfrei.

Ich habe die Mühle am Leben erhalten - aus Tradition und um zu zeigen, dass es auch anders geht. Hier drinnen läuft fast alles mit Wasserkraft. Drehe ich an dieser Kurbel, leite ich das Wasser auf das Mühlrad. Jetzt kommt Bewegung in die Mühle, es rauscht und rumpelt, klickt und knattert. das Gebälk fängt an zu knarren. Für mich ist das Musik. Wenn ich das Ohr an die Holzrohre halte, verwandelt sich das Rasseln des Korns in eine Melodie.

Brot ist Grundnahrungsmittel, das will ich nicht mit Zusatzstoffen anreichern. Ich mache gutes Brot, natürlich hergestellt. Wer die Natur verehrt, verehrt auch den Schöpfer. Ich mache das, was die anderen nicht können oder nicht machen wollen, weil es unproduktiv ist. Zum Beispiel Säcke manuell abpacken, wägen und die Sorte draufschreiben. Ich will eine Mühle, in der ich arbeiten kann. Das hier ist kein Museum. Ich habe das Gefühl, an einem schönen Ort zur Welt gekommen zu sein, das finde ich schützenswert. Mein Vorbild sind die Indianer, sie betrachten Land nicht als Eigentum.

Ueli Otti